13 November 1865, Letter from Johann Jacob Frautschi to Christian Frautschi


University of Wisconsin-Madison. Max Kade Institute. Frautschi Letters (MKI/Frautschi3)

Electronic version: http://frautschi-letters.mki.wisc.edu/let/JJ1865/JohannJacob1865.html


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Vielgeliebter Bruder!

Ich zeige Dir an, dass ich den 8 diess heimgekehrt bin, nachdem ich 9. Wochen in der Anstalt gewesen bin. Nun bin ich heimgekehrt, weil ich keinen Platz hatte. In letzter Zeit hatte ich einem Kameraden Auftrag gegeben, der einen Veter als Verwalter in Russland hat, derselbe ein stiller guter Mann sein soll, demselben fuer zwei Plaetze zu schreiben. Nun warte ich auf Antwort und auf eine gelegene Zeit, abreisen zu koennen, doch zeigt sich jetzt noch manches Hinderniss, am schwersten faellt mir das, keine eigenen Wege zu erwaehlen, sondern Gott machen lassen, wie er mich fuehren will. Was meine Gesundheit anbetrifft, so ist sie besser, aber gleichwohl spuere ich noch genug Nervenschwaeche, zittere in den Gliedern ich bin aber der festen Zuversicht dass das Uebel (Ohrenschmerzen) ganz gehoben wird wenn ich mich ganz dem Artzt leibes und der Seelen anbefehlen kann. Uebrigens kann ich Gott nicht genug danken das er mich in dieselbe Anstalt gefuerhrt hat, wo mir vieles klar wurde, wie Satan uns hin und wieder jagt, und nicht zum vollen bewusstsein kommen laesst. Ist man in grosser Angst, so darf man das Wort

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nicht lesen, darf nicht zum Heiland seine Zuflicht nehmen, unter dessen Gnadenfluegeln wir doch so sicher ruhen duerfen, mein lieber Bruder! Wie moechte ich wuenschen dass Du daheim waerest, dass wir uns mit einander von der grossen Glueckseligkeit uns unterhalten koennten. O wie gluecklich ist man wenn man in der Freiheit des Geistes Gottes wandeln kann.

Wenn man nur Jesum sucht, bringe es uns gute oder boese Tage, wenn wir nur ihn verlangen, suchen und nicht nachlassen bis man ihn gefunden hat, o lebten wir doch nicht mehr uns selbst, unsere eigenen Luesten und Begierden sondern Christo allein denn koennten wir auch dem Herrn sterben. Ich hatte eine solche Freude heim zu gehen, um den Eltern und Bruedern die Liebe des Heilands anzupreisen, zu sagen wie er die Suender liebt und sie zu Kindern Gottes machen will, wie man nur durch Jesu Blut und Verdienst selig und gerecht sein kann. Nun muss ich dir aber bekennen, dass ich hier bestaendig auf den Geist Gottes merken muss, sonst ist es gefehlt. die ersten Tage waren noch liebe Tage, Jetzt faengt aber das berathen planisieren an, man erinnert sich der Vergangenheit, gedenkt der Zukunft, es kommt mir vor da sein ein Streben und Suchen, wo nichts zu hoffen, nichts zu finden ist, o wie haltet

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man sich da auf, man moechte zufrieden sein, wenn dieses oder jenes nicht waere, eine solche Unfriedenheit herrscht in den reichsten Haeusern. Wahres Vergnuegen finden man oft in den aermsten Familien, die ihre Ruhe ihr Glueck im Jesu suchen, dem Geber aller guten und aller vollkommenen Geben.
Dein Brief 29. October haben die Eltern erhalten. Von Joh. Peter wissen wir nichts als dass Gr. v. Gruenigen auf dem Bissenstalden ihn in Genf gesehen habe mit einem Steklein spazieren.
Bist Du etwa in der Noth, so schreibe um Geld, wir wollen Dir auch gerne schicken, oder komme heim. J. Jakob moechte lieber in ein Caffe oder sonst irgendwo als Kammerdiener, als laenger schustern.
Joseph Steffen in Frankreich verh. ist gestorben.
Christ. Frautschi verheirathet mit Elisabeth Reichenbach unserer fruehen gewesenen Jungfr. Die Eltern haben 5. Stueck Vieh verkauft.
Gr. Romany und Gottlieb Gander hat den Vater einem jeden 300. Fr. Geld entlehnt.
Nun meint der Vater, es sein sicherer etwas gut zu kaufen, als so das Geld wegleichen, Ich habe aber fast keine Freude mehr etwas zu kaufen.

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Ich ende mit meinem Schreiben, denn ich muss jetzt ins Dorf meinen Rosenn zu holen, ein andermal schreibe ich Dir weitlaeufiger. Ich warte auf eine auf eine umstaendliche Antword von Dir. Was Du verlangst zu wissen, will ich Dir gerne beantwortet.

Mit freundlichem Gruss von uns allen. Dein Bruder Johannes.