1 January 1865, Letter from Johannes Frautschi to Christian Frautschi


University of Wisconsin-Madison. Max Kade Institute. Frautschi Letters (MKI/Frautschi3)

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Schaffhausen, den 1. Jenner 1865

Hergeliebter Bruder Christian!

Den lieber Brief vom 16. August habe ich richtig erhalten und mit zimlicher theilnahme and Vergnuegen gelesen, wofuer ich Dir herzlich danke, dass Du so frei gegen ,mir gewesen bist. Viel ja fast alle Tage habe ich Deiner gedenkt, manchmal hatte ich gewuenscht den Sonntag mit Dir zuzubringen. Denn erst in der Fremde muss ich merken, dass wir doch in den meisten Faellen ein Herz und eine Seele gewesen sind und es noch jetzt besonders sein wuerden. Denn erst in fremden Landen lernt man einen treuen und guten Freund schaetzen und achten. Mein lebste Unterhaltung und mein grostes Vergnugen ist es an diesem wichtigen Tage Dir zu schreiben. Mit Gott und mit dir soll der Anfang gemacht werden. Zwar wird es Dich verwundern das ich Dir nicht eher geschrieben habe allein wenn man am Morgen um 4 Uhr aufsteht und abends erst 8 Uhr das Nachessen kriegt, den Sonntag gerne in die Kirche geht, Mittag noch futtern muss, und den Nachmittag gerne spaziert, oder ausruht, so wirst Du es wohl begriefen koennen und ... es Papier habe ich Dir auch schicken moegen. Ich habe viel auf dem Herzen Dir zu schreiben, mich duenkt, da wir nicht wissen wenn wir wieder einander sehen, ich muesse meine Erfahrungen und Schicksaale Dir ein wenig umstaendlich auseinder setzen, vielleicht wird es Dir zu dum oder zu langweilig vorkommen, aber verzeihne mir, ich kann nicht anders, ich Habe keinen andern Freund, dem ich so was herz oeffnen doerfte wie Dir mein lieber Christian, Du hast ja ein gutes Gemuth und bist auch nicht voellig der Welt ergeben wie es leider heutzutage der Brauch ist, wo ein ehrlicher Mensch fur dumm angesehen und verspottet wird. Einen Zufall oder besser gesagt ein Scandal laesst einen traurigen Blick werfen auf die Bevoelkerung von Schaffhausen wiwohl es hier sehr gute Prediger hat in den 3. Kirchen. Hr. Missinar Hebicht hatte hier in mitten der Stadt Versammlungen bei einem Hr. Vonfluth. Am Abend fuehrte dessen Knecht jeweilgen auf sein Landgut den M. Hebbich eine halbe Stunde von der Stadt, der Weg fuehrte neben unserem Hause vorbei wo ich ihn auch gesehen habe. Am 19. Herbstmonat lauerten etwa 6 kerle auf des Hebichs Hinfahrt. Sie vernahmen aber dass etwa 300 Personen sich vor des Hr. Vonfluths Hebbich versammelten und Rumor anrichteten. Da giengen sie auch dorthin, sonst waere des Hebich schlecht ergangen, denn sie wollten ihn aus der Hefe reissen und tuechtig klopfen bis er wohl genug gekommen haette, vor dem Hause wurde nun Hebich herausgefordert, als er nicht herauskam schlug man die Fenster und die Hausthuhr ein, wer abwehren wollte, der wurde geschlagen. Wollte die Pollizei die aergsten abfassen, so wurde auf sie geschlagen, dass sie den kerli musste fahren lassen, endlich musste der Hr. Vonfluth aus seinem Hause unter Begleitung von 8 Gendarmen sich fluechten. Man glaubt der Scandal seie noch von hoeherer Seite angefuehrt worden. Den 15. December wurde der Hebich prozess vor Kantonsgericht behandelt. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte 6. Angeklagte des Tumultes der Verletzung des Hausrechts und der Boeswilligen Eigenthumsbeschaedigung. Die Partheivortraege dauerten bis halb 4 Uhr, dass die Urtheilsfaellung verschoben werden musste. Das Puplikum nahm lebhaften Antheil. Jeetzt heisst es, die Richter seien bedroht wenn sie den Spruch zu hart faellen, sie finden es fuer gut den Angeklagten die Entschaedigungskoesten helfen zu tragen. Der Junker hat seine Freude ueber den Tumult und sagt alle Schimpfnamen ueber den Hebich, es seie gut dass er aus dem Lande seie, er mache die Leute verrueckt, wenn der H. Vonfluth ihn noch ein mal lasse kommen, so werde man dessen Haus mit Blut und Dreck ueberschuetten, es seie eine Schande fuer die Herren Prediger, dass sie seinem Versammlungen beiwohnten und sich von ihm muessen belehren lassen. Deswegen besuche er und viele andere die Kirche nicht mehr. Die Mission seie eine arge Schelmerei daneben seie er ein guter Christ er glaube an einen Gott, als einmal ein Pfarrer ein Brief der Frau schickte um Aufnahme einer kleinen Steuer fur Errichtung eines Bethauses, da schimmpfte und bruellte er fuerchterlich im Haus, und sagte er wolle den Pfaff, den Schafkopf, den Heuchler auf der Strasse zu boden werfen und dann erst mid ihm reden. Als ich ihm sagte, der Predigang die Religion seie doch fuer die Menschen in Zucht und Ehrbarkeit zu halten, Die Eisenbauhnarbeiter die keine Kirche besuchen seien manchmal nicht die bewuessten gewoehnlich seien christliche Dienstboten doch treu und zuverlaessig. Da sagte er mir scharff: "Er seie so war als die die immer in die Kirche gehen. Uberhaupt schimpft er viel ueber Religion was mir kummer macht. Daneben ist er freunclich mit mir und kommt fast immer in Stall zu mir wo er mir allerlei verzaehlt und mich belehrt. Er waere daneben gegen mir wie ein Vater ohne Stolz, gibt mir Zeitungen zu lesen. Vielmal muss ich mich von ihm losreissen um zu schlafen oder in die Kirche zu gehen.

[in the left margin]

Mein lieber! Schreibe mir auch einen umstandlichen Brief wenn die Eltern Dir geschrieben haben. So melde es mir wi es in Saanen geht ob die Brueder daheim seien und die Garnison gemacht. Nach Saanen habe ich nur 2. Briefe geschrieben und werde warten bis im April ihnen zu schreiben. Im Oktober schrieben sie mir die Schulden seien nun ausgeloest welches ich den Eltern goennen mag. Jedenfalls ist es beser daheim zu sein als frueher. Heute habe ich 9 Fr. 30 Rap. Trinkgeld bekommen, am h. abend ein Uberhemd und Weihnachtsgeschenk zu Lena [?].

[page 2]

Hingehen freute es mich, dass ein ...rer 8 Tage nach dem Scandal, in der Kirche von der Kanzel herab des Hebichts parthei nehmen durfte ohne Menschenfurcht und sagte: Es gereihe der Stadt zur Unehre, Unheil und Schande dass sie einen solchen Menschen verfolge und lasse verfolgen, er nehme den innigsten und herzlichsten Antheil an Hebichs Schicksaal, was er emphangen der hebich das habe er von Gott emphangen. Diese Kirche ist blos 5. Minuten von unserm Hause entfernt. Ich hoere dem Prediger mit Segen zu, ich sehe dass es ihm wahrhaft ernst ist. Leider besuchte ich im Sommer die Kirche wenig theils der vielen Arbeit wegen, theils aus Erhohlung, theilweise liess ich mich verleiten mit Kameraden ins Wirthhaus zu gehen. Der Wein reut mich nicht, weil er hier wohlfeil und gut ist, der Schoppen 10 bis 30 Rappen was mich in den strengen mueden Sommertagen erquickte, denn vom Junker kriege ich keinen Wein. Wohl wollte ich manchen Sonntag in die Kirche, aber der Junker kam fast immer zu mir im Stall und verzaehlte mir Allerlei dass ich mich versaumte, jetzt reisse ich mich von ihm los un gehe fast alle Sonntage in die Kirche. Es ist traurig wenn die weltliche Gesellschaft des goettlichen Vergnuegen vorgezogen wird. Es ist zum Erstaunen, we herutzutage fast jeder Mensch ohne Gott lebt, wie die Arbeiter ohne Sorgen dahin leben, Jahr aus Jahr ein, nie keine Kirche besuchen und nur dem Betrug, Fresen, und Saufen nachdenken. Wenn der Junker nicht so samt den Arbeitern ein Spoetter der goettlichen Wahrheit waere, so moechte ich wiewohl ich keinen Wein, und zum Nachessen manchmal nur leichte Suppe, blosser Rabi, oder Flachsraffen habe, nebst wenn ich will, ein wenig Broad, doch immer hier bleiben, denn ich muss hier nicht im regnerishen Wetter ueber Feld und Thal hinaus. Im Winter bin ich meistens auf dem Heuboden fuer 12 Stueck Vieh und 6 Pferde Futter zu schneiden wo ich wenig Kleider und Schuhe gebrauche. Zur Woche habe ich 5 Franken mit den Trinkgeldern und Lohn komme ich ungefaehr an dreihundert Franken. Ich bin noch nie so nass geworden wie daheim habe auch noch nie den 50. Theil so viel tragen muessen wie in Saanen, wo ich noch dazu, viel von meinen Eltern und Bruedern ausgeschimpft wurde, dazu kein Lohn hatte, wollte ich meine Krankheit melden, so musste ich meistens aus meinem Sacke die Arznei zahlen dabei hiess es doch immer ich seie ein Hausthraene der meiste Streit mit dem Vater kam daher, weil ich immer Land besonders Bergeweid kaufen wollte, dazu einen zimmlichen Viehstand fuehren, um uns in eine bessere Lage zu bringen, dass der Vater nicht alle herbst den Athem auslaufen und den Hut zu verlieren muesse, um Weid zu pachten, damit er das Vieh auf kuenftigen Sommer versorgen koenne. Wiewohl nun alle Schulden bezahtl sind, so bin ich doch dumm gewesen, dass ich mich bemueth hab, denn kein Dank oder Anerkennung erhalte ich von meinen Bruedern, waere ich doch nur frueher fort gewesen, so waere ich in Saanen nicht so in einen boesen Ruf gekommen. Hingegen soll doch dieses nicht treffen, wenn wir schon als Kind manchmal uneins waren, so nahmst Du doch spaeter meine parthei, nahmt lebhaften Antheil fuer Weid zu kaufen und Kapital anzulegen, woefur Du dein Verdienst hergabest, auch mir wenn ich daheim bleibe wolltest bohn sprechen .Weil ich Dir traue und Du mir am herzen ligst, so kann ich nicht anders als frei gegen Dir sein und Dir mein Herz ausschuetten, wir wissen ja nicht wenn wir wieder ein ander sehen, das ist nur Gott bekannt. ich habe Danner schon im Herbstmonat den Auftrag gegeben, dass er mir einen Platz gefunden, darum habe ich im Gedanken nach Deutschland als irgendwo als Kaeser zu gehen, oder nach Amerika zu Laederach, wenn mir sich eine gute Gelegenheit thaete darbieten nach Leib und Seel so werde ich sie nicht versauemen, Leider bin ich noch nicht gesund, habe immer einen schweren Kopf, Ohrensaussen, Gedaechtnissschwaeche, matte Glieder usw. bald habe ich fuer 20 Fr. Lebensessenz gebraucht, ohne merkliche besserung da mein Gehoer auch abnimmt so habe ich weniger Conferenz mit den Arbeitern welche nur sich ruehmen der Huhrern, Betruegereien dahrob sich fast die Feder strauebst zu schreiben, durch ihre Reden kann ich Huhren und Maedchen in ihren Grundsaetzen kennen, was mich aber wenig intressiert. Die jungen schoenen Maedchen werden hier verfuehrt durch die schmutzigen Reden, auf dem Felde fast oeffentlich greift einer unter den Rock und sucht es in einen Schupfwinkel zu bringen um zu verfuehren, welche es am aergsten treibt, der ist der geachteste, wie viele solcher Faelle werden geruehmt, und unter allgemeinem Gelaechter werden die Maegde aufs neue zu solchem aufgefordert.

[left margin]

Schicke mir Dein Portraet. So wil ich mich dann auch mich abphotographieren lassen und Dir mein Gemaelde zusenden. Ich hoffe, Du seiest noch am gleichen Platz. Es freut mich sehr dass es Dir gut geht. Ich mag es Dir von Herzen goennen. Du hast frueher viel Widerwaertigkeiten erleben muessen, schenke uns Gott beiden eine fromme Gemahlin.

[page 3]

Der Junker hat bestaendig vier Tagloehner ohne noch die vielen Arten Handwerder, die fast immer hier abwechseln, da gibts Abendessen Gespraeche, allerlei Arten, Seit bald einem Jahr haben 2. Zimmermann an einem Gartenhaus geschaft, ferner Steinhauer, Maurer, Schreiner, Maler, Schlosser, Spengler, usw. Er baut fast immer das jetztige Wohnhaus samt Scheuer, Kornboden, Vieh und Pferdstall hat er auch gebraut. Ein ander Haus hat er auch angericht. Wenn er schon ein guter Herr ist, so ist er doch scharff und ruehmt alle Rappen wo er gewinnen koennte, er ruehmt viel wie er armen Baeurlein wohlfeil hab koennen Land und Vieh abkaufen. im Sommer jagte er in 6. Wochen 4. Tagloehner und 5. Maedchen fort weil sei zu wenig geschafft haben. Er schimpfte fuerchterlich wenn die Sache nicht nach seinem Kopfe gieng. Unter den Arbeitern mussten ein par unschuldig leiden, der andern wegen. Naher war er wieder freunclich mit uns Knechten und dem Gaertner als er sahe wie wir uns fast zu Tode schaffen mussten, er ruehmte andern jetzt laufe die Sache wieder gut, aber er gab uns in dem Heuest und in der Erndt gleich nur Moss zu trinken, wenn dem Feierabend eine Flasche Most und ein wenig Brod dazu. In unserm Misssmuth gaben wir da dem Junker kein gutes Wort. Als ich einmal mit einem Tagloehner und einem Maedchen vom Grasholen spaeter zum neuen Essen kamen als die andern Arbeiter und der Tagloehner mit den andern Arbeitern bald wieder vom Essen gehen wollte, da sagte ich wir bleiben noch da denn wir seien eine Viertelstunde spaeter gekommen, als die andern der Junker war zugegen und schaute mich sehr scharf an. Ein andermal als ich von Garben binden am Abend sehr maede heim kehrte, um zu futtern, da kam er mit mir und sagte Jetzt lauf die Sache gut, besser als vorher da sagte ich ihm Wir haben aber durst geliten, dazu habe ich an den Hofen mehr verrissen, als ich verdienet habe, da redete er bald von andern Sachen, als wir bei einem Wirtshause vorbei giengen, da sagte ich Ich wolle ein Schoppen bier trinken, er liess mich aber allein gehen und mein Plan war vereitelt. Am dritten Abend naher kam er zu mir in Stall und brachte mir 2. Franken Trinkgeld. Und moechte wissen wo der Fehler der Unzufriedenheit seie. Da sagte ich ihm Wenn man gute Arbeiter habe so muesse man ihnen doch etwas zu gefallen thun, sonst werden sie entmuthigt. Mein Vater habe es auch so gethan. Nur Most zu trinken sein in der Erndte zu wenig dazu habe er vorigen Sommer nach hoeren sagen unter 4. Maler ein Faesslein Bier bezahtlt. Da sagte er Wenn man solche schlechte Arbeiter gehabt habe, so habe man nicht Muth zu trinken zu geben. Und fragte mich was er denn mit dem Moss machen solle? Da sagte ich ihm: Ich wolle den Most nicht verwerfen, aber ich sei in Mitten der Reben und habe noch keine Halbmass Wein bei ihm getrunken. Was die schlechten Arbeiter anbetreffe, so seien die ja fort, und was die nicht geschafft haben, haben wir desto strenger schaffen muessen. Wenn er mit mir nicht zufrieden seie, so solle er mich nur fortschicken ich koenne heim und er bekomme Knechte genug. Da sagte er: Er sei zufrieden, ich haette koennen zu trinken fordern uebermorgen wolle er ein Faesslein Bier zahlen welches auch geschah. Der Junker weinte fast, und liess sich denselben Sonntag danach gar nicht sehen andere hatten gesagt: Er sei auch da sehr traurich gewesen. Viel schimpfte er auch sonst ueber allerlei Zufaelle da er sagte, er wolle alles verpachten, oder einen Verwalter anstellen. Nach langem Suchen kam im Herbstmonat ein stolzes und reiches Herrchen als Verwalter daher, der uns Knechten die Zuegel spannen wollte, wir sollten schneller futtern, damit wir mehr auf dem Felde schaffen moegen der Pferdeknecht begehrte aber bald auf sagte ihm, er wisse wie lang man futtern und schaffen muesse da seie es nicht noethig zu befehlen, er seie in der Sache erfahren wenn man schoene Pferde haben wolle ... ohne haben zu fuettern, da musse man nicht Tag unc Nacht fahren. Und mit starken Rossen, komme man doch besser vorwaerts, fragte ihn der Verwalter wenn er einspannen koenne so gab er ihm zur Antwort wenn er fertig sein mit Futtern. Mich regierte er auch bald streng genug, und befehl mir Arbeit die ich fast nicht machen mochte, je mehr ich machte, desto mehr befahl er mir, passte allen Arbeitern streng auf, ob sie schaffen, Entschuldigte ich mich ich moege die Arbeit nicht machen, so lachte er meinen und sagte: Wohl freilich wenn ihr wollt schon. Das gieng etwas 5 Wochen, wo ich so muede und missmuthig war, dass ich ihm unter par malen sagte: Es nehme Wunder ob er Junker es begehre, dass ich so viel schaffen muesse, im Anfang habe es ja geheissen, ich habe nicht noethig viel auf dem Felde zu schaffen. Spaeter sagte ich ihm doch die Wahrheit, und sagte: Im Stahle muesse er mir nicht befehlen, da kenne ich es besser als er, denn ich habe von Jugend auf gefuttert. Er seie Verwalter und muesse auf den Werkzeug passen und wenn man ihn nach demselben Frage, so muesse er nicht sagen, er wisse nicht wo er sei. Da sagte er mir ich seie ein unverstaendiger kerl, ich sagte ihm aber: Weil er mich unverstaendig frage, muesse ich ihm unverstaendig antworten. Da gieng er weg von mir, und verklagte mich der Frau, die Frau sagte es dem Junker, welcher aber sagte sie wurde moegen, das Johann ihm mehr flattierte. Jetzt ist der Verwalter besser gegen mir befiehlt er mir etwas, das mir nicht gefallt so erwidere ich ihm. Als er mir letzhin sagte ich solle das Stroh sparren, da sagte ich ihm: die rechten Bauren sparren kein Stroh usw. zu meinem groessten Leidwesen wurde den 31 Oktober mein Mitknecht vortgejagt, weil er ein Pferd geiselte im Stahl, das immer beisst und schlaegt und sich nicht wollte lassen einschierren. Es war sonst ein thaetiger treuer Knecht, der alle Geschaefte gut kennte, wenn er schon auch liederlich war in Gesellschaften so war er doch treu und ordentlich mit mir, und unterrichtete mich ueber allerlei Geschaefte, wenn ich schon nicht immer mit ihm ins Wirthshaus gieng. Auch seine Spaesse nicht alle billigte dem Junker sagte ich: Er haette den Knecht doch sollen warnen anstatt gerade vortjagen, er seie doch daneben ein guter Knecht gewesen, Da sagte er mir ja daneben, seie er schon recht gewesen, aber nun wollte er ueber denselben fuerchterlich schimpfen wo ich ihm nicht alles bejahen konnte. Als er sahe dass ich es mit dem Knecht hatte, kam er eine Woche nicht zu mir in Stahl, wir sahen einander an wie Hund und Katz, und ich musste bestaendig denken auch dein Buendel schnueren zu koennen. Jetzt kommt er aber wie zuvor in Stahl zu mir und waehrend ich an Sonntagen dienst im Stahl gestanden habe hat er mich immer gestoert.

[page 4]

Wenn er Vieh kaufen will so muss ich es betrachten und wenn es mir gefaellt so kauft es der Junker wie ich es geraten habe, und den Kaufpreiss den ich mache das demuethigte den Verwalter, er moechte die Sache besser kennen als ich, beim Viehstand hat er mich auch viel um Rath gefragt. Als er bei den Kaelberkuehen pressieren machen und meistern wollte, muesste ich ihm anders kommidieren, or dem Junker, dass der Junker mir recht gab. Nun ist er auch voellig gut gegen mir, manchmal sagt er mir jetzt ich gebrauche diese und jene Arbeit nicht zu machen, denn da seien Leute genug da. Als ich Dir diesen Brief an Sonntagen im Kuhstahl schreiben wollte, so stoerte mich der Junker immer, desswegen schreibe ich jetzt im Pferdestahl auf dem Futtertrog, als ich eines Zufalls wegen den Brief muesste beiseits legen erwischte ein Fuellen den Brief, weil ich darauf achtete so konnte ich ihn noch aus dem Maul reissen.

Zum Glueck war er noch ganz aber leider verschmiert weil Du mein Bruder bist, so will ich Dir ihn doch schicken vieleicht intressiert er Dich noch, aber nim es nicht fuer uebel dass ich Dir ihn so schicke, mein lieber! Jetzt ist wieder ein Knecht zu Pferden aus dem Grossherzogthum Baden da, wie wohl er liederlich ist und ein Katholick so sind wir doch gute Freunde. Er verachtet mich nicht wegen dem Kirchengang und ich ihn auch nicht wegen dem Wirthshausgang. Bisher bin ich noch nie mit demselben ins Wirthshaus gegangen. Im Sommer will ich denn wieder trinken, aber im Winter muss ich wegen dem Hals aufpassen. Letzen Sommer kam ich mit meinem kameraden auf unseren Spazierwegen, 3 Stunden von hier entfernt im Badischen auf einen Hof, wo lauter Neutaeufer sind. Derselbe Herr hat 37. Kuehe und Rinder einen Stier, 20. Pferde, eine eigene Kaeserei, Faerberei, Schreiner Wagen, Schmied, eine Brennerei wo taeglich ein Saum Schnaps gesiefert wird und Schaffe 100 Sauen beieinander sind. Zu dem Hof gehoeren 237 Aker Land, an einem Stueck um den Hoof herum. 40. Heckert waren nur Erdaepfel angepflanzt. Sie haben einen eigenen Lehren und Schreiben. Sie gaben uns einem jeden eine Flasche Most Kaes und Brod ohne dass sie dafuer etwas annehmen wollten. So lange ich hier bin habe ich noch keinen Berner Oberlender gesehen. In unserm Hause sind Tagloehner aus Oestreich, Zuerich, Schaffhausen aus Wuertemberg ist die Koechin. Der Sommer war im allgemeinen kalt. Der Nachsommer besonders troken. Wenn es schon viel Heu gab, so gab es wenig Erndweid. Dier Erdaepfel liessen des trokenen Wetters wegen an Quantum zu wuenschen uebrig, doch wurden noch sehr viele verkauft und ausgefuehrt nach den Kantonen St. Gallen und Appenzell. Im Sommer galt der Zemntner Heu 2. Fr. der Ztr. Erdaepfel auch 2. Fr. Im Herbst galt der Zt. Heu 3. der Zt. Erdaepfel 4 Fr. Frucht Korn Weizen, Gersten besonders Haber gab es viel. Dass die Mehlpreise wohlfeil sind das Weissmehl kostet 17. Rpp. Der Junker kaufte 2,000 Ztr. Weizen den Ztr. zu 10. Fr. das Rindfleisch ist 54 Rpp. aber wenig recht fettes, das Kalbfleisch ist 50. Rpp. Rinderschmalz 50 bis 60. Rappen. Der Anken ist jetzt nicht theuer als 90. Rpp. weil sie hier Betruegereien treiben, denn sie machen Schweinefett und Rinderschmalz unter den Anken. Schweinefett ist hier manchmal noch wohlfeiler als Rinder Anschlitt. Hier nimmt man es auch nicht genau mit kranken Thieren oder sogar verdorbene zu schlachten. Der Schinken hat hier jedenfal wenig zu verdienen. Einte Stunde von hier im Mierischausenthal ist ein Rossmetzger, der noch viel Fleisch in die Stadt bringt. Mancher verwundert sich, dass ich mich aergere, ab dem Rossfleisch zu essen, es seie ja gut zum Essen und im Neuen Testament seie es ja nicht verbotten. Mancher der am Sonntag stolz wie ein Herr spaziert in schoenen Kleidern isst Pferdefleisch weil es nur 12. bis 25 Rpp koste. Im Kanton Abenzell fragen die Wirthsleute jeden Gast, ob er Ross oder Rindfleisch wolle, was der Weinberg anbelangte so kam er im Juli und August doch in orderntlichen Stand, wenn sie schon der meisten kalten Witterung wegen ein Fruehling erst im Mitte Juni bluethen. Allein Anfang Oktober wurde es zimmlich kalt und gab strengen Reihen, dass die Weinstoecke ganz lahm wurden. Desswegen begann die Weinlese fast 14 Tage frueher als man gerechnet hatte. Der Junker begann die Weinlese Samstag den 8. Oktober und musste am darauf folgenden Sonntag forgesetzt werden. Meine groesste Freude war es das Buecki oder Brenten zu tragen, Trauben zu essen und Wein zu trinken. Am ersten Tage bekam jeder Kaes zu essen sonst habe ich hier noch keinen gesehen. Quantitaet war gering aber Qualitaet besser als man erwartet hatte, der Frost schadete nicht so viel als man fuerchtete. Auch das junge Holz verfror nicht, dass es reif werden mochte, um kuenftiges Fruehjahr zu biegen und an den Steken zu binden. In der Probe zeigte der Schaffhauser Wein 74 bis 78 Grad, der Hallauer Wein aber 83 bis 87 Grad. Der erste diessjaehrige Wein wurde verkauft fuer 45 Fr. per Saum. Jetzt ist er aber gesucht und giltet bis 70 Fr. der gute Wein.

Ende wird hier das eidgenoessische Schuetzenfest abgehalten 8. Minuten von unserem Hause. Schon Anfangs Augustmonat hat der Bau des Schiessstandes begonnen. Die Arbeiten werden waehren bis im Mai. Der Schuetzenstand hat eine Laenge von 970. Schuch, die Festhuette wird noch viel groesser 1200 Klafter Brennholz sind zu Belndungen gekauft und aufgefuehrt worden. Da hoffe ich etwa ein par Saaner hier zu finden. Letzten Herbstmonat fuehrte der Junker zwei Herren zu mir in Stall, die in Erlenbach, Lenk und Saanen 24. Wucherstier im Namen der Regierung gekauft hatten samt einem Rind u. einer Kuh sie konnten mir aber keine bekannte Namen nennen als Anken von Zweifinn an und Joneli von der Lenk beides starke Viehhaendler. Sie waren freunclich gegen mir und zeigten mir ihre Waare im naechsten Wirthshause. Die Stier wurden von der Regierung zu Baurtstieren versteigert, einen Bauert musste ich nach 4. Tagen helfen Stier auswaehlen. Kuenftigen Maerz und Herbstmonat gehen sie wieder mit gleichem Plahn nach Saanen wo sie von mir die Adresse der Eltern und der besten Viehbesitzer mitnehmen um sie aufzusuchen. Der Junker hat eine Schese die ueber 2000 Fr. gekostet hat. Schesengeschir 1400 Gulden. Mein lieber Bruder! Von jeher war mein Wunsch die Welt kennen zu lernen, nuetzliche Kenntnisse zu erwerben, damit ich andern damit dienen konnte, andern ein rechtes Beispiel zu geben, aber mein Plan ist gescheitert in meinen besten kraeftigen Juenglingsjahren muss ich schon gedrueckt leben wie ein kummervoller Alter, wegen meiner Gesundheit meine Nerven sind sehr schwach, so auch mein Verstand und meine Fassung. Der liebe Gott behaltet mich in der Demuth. Allein die Hoffnung auf ein seliges Jenseits durch das Blut des Lammes halten mich aufrecht, in diesem Glaubenslicht wollen wir Brueder das neue Jahr antretten. O bette fuer mich ich thue es ja auch fuer Dich. Das andere alles ist vergaenglich. Die beruehmtesten gelehrtesten Maenner hat auch die Erde bedeckt, der Leib vermadent, die Seele muss warten der Auferstehung, wo keine Wissenschaft, keine glaenzende Thaten zum wahren Lichte fuehrt. Ich muss auch darin des Herrn Hand erkennen, dass mehrere stille Familien mir zugethan sind, und ich mich vergnuegt dabei fuehle auch die Hausfrau ladet mich manchmal zu ihnen ins Haus hinein zu lesen oder zu schreiben. Sie gibt mir Buecher auch Zeittungen zu lesen. Ich kann auch nicht begreifen dass der Junker lieber bei mir im Stall die Sonntage zubringt als in seinen schoenen Zimmern, wenn ihm schon gerufen wird so kommt er wieder so bald er kann zu mir. Vieleicht gefallt ihm das, dass ich zufrieden bin in meinem Hirtenstande wiewohl ich nicht immer saubere Hosen trage, dass er an mir eine gesittete Wahrheit erblickt, dass ich nicht viel scherze und schwatze mit den Maegden. Ich weiss nicht ob ich fuer meine Gesundheit meine Zuflucht noch nehmen will zu den elektrischen Volter=Apparat Herr Marie Rue 33 Soffroy prolongee 17 arondissement Paris ein Apparat kostete 25 Fr. In der Zeitung kommt immer dann nebst vielen Heilerzeugnissen. Schreibe mir einen umstaendlichen Brief. Ich wuensche Dir ein wahrhaft glueckliches neues Jahr. Der Herr seie mit Dir an bis ans Ende. Ich gruesse u kuesse Dich vielmal Dein armer aber treuer Bruder Johannes. bei F. Gut. Br. Ziegler Hoos.