October 25 1868, Letter from Christian Frautschi to his parents and brothers in Switzerland
University of Wisconsin-Madison. Max Kade Institute. Frautschi
Letters (MKI/Frautschi3/C1868G)
Electronic version: http://frautschi-letters.mki.wisc.edu/let/C1868/Christian1868.html
Mazo-manie Octob. 25, 1868
Vielgeliebte Eltern u. Brüder!
Eure Nachricht v. Juli, daß ihr euch gesund u. wohl befindet, hat mich sehr erfreut; ich möchte nur wünschen daß ihr uns fleißiger schreiben thätet und ich öfters etwas von euch vernehmen könte als bisher.
Zum selben Zwecke in Bezug auf euch zu uns, schreibe ich euch diese paar Zeilen. Ich fühle jetzt gerade nicht gestimt, euch viel zu schreiben, bin aber bewußt, daß euch mitunter auch wenig angehehm ist.
Der Pilger, wo von euch im September eine Marseleroute nach Amerika erhielt, ist am 3 October bei mir auf Besuch angelangt, ohne sich der beschwerlichen Seereise oder durchnäßt zu werden, zu beklagen; wohl aber machte er mich mit seinem Wanderstab auf manchen Krebschaden meines Vaterlandes aufmerksam. Mir wäre öfterer Besuch angenehm, kan es euch aber nicht zumuthen bei dem hohen Porto. Ich glaube aber nicht, daß 25 centum der gesetzliche Tarif ist, nach neustem Postvertrage für gelesene Zeitungen nach den vereinigten Staaten Nord Amerikas zu befördern.
Der Christl. Botschafter muß sein Erscheinen unter euch für einige Wochen einstellen, indem ich Platz schauschirte u. ihnselbst nicht erhielt.
Ich meldete euch voriges Jahr, wie die Hopfenzucht in dieser
Gegend eine großartige Rolle spielte, u. in der That, sind
viele, wo vor einigen Jahren anfingen zu pflanzen reich geworden,
u. boten tausenden arbeitsamen Händen u. vielen Professionisten
im schönes Arbeitsfeld. Baraboo u. seine Umgebung war eine
haupt Hopfenanlage, dort wurde Weizen u. andere Pflanzen gänzlich
vernachlässigt. Die Hopfen geben sehr viel Arbeit, dafür
wurden Knechte gemiethet zu 25-30 Thal. im Monat nebst freier
Kost. Auch die Einrichtung kostet sehr viel, da braucht man Trockenhäuser
zum deren, Pressen, große Ofen u.d.g. Voriges Jahr galt
das [?] 50 - 60 cent.; nun steigerte die Anlage in noch größerem
Maße. Vor einem Monate, zur Erntezeit, brauchte man in einer
Umgebung v. 30 Meilen 25,000 Pflücker, worzu Kinder von großen
Städten 100-150 Meilen hergeschaft wurden. Jedes mußte
im Zeitraume von 2. Wochen, von 1 - bis 2 _ Thal. im Tag verdienen.
In Baraboo war einer, wo allein 27 Acker angelegt hatte, u. brauchte
allein bei 200 Pflücker, da könnt ihr euch denken daß
es viel Kochgeschir, Zelten, Betzeug u.d.g. braucht; u. es recht
Millitärmaßig zugechen [sp.] mußte. Nun dieses
Jahr wollte zur Hopfenzeit niemand keine Kaufen oder im besten
Balle das [?] [Pd.] zu 10 - 15 cent. Für solchen Preiß
wollten sie die Eigenthümer nicht hergeben; u. die Pflücker
müßten doch gleich bezahlt werden, so kam es beinahe
[sp.] zu einer Krisis. Schwache junge Hopfenzüchter mußten
für entlehntes Geld ihr Eigenthum verpfänden, u. müssen
doppelte Intresse bezahlen, die gesetzlichen Intresse sind hier
sonst 10 proz. Nun erfolgte Arbeitslosigkeit; infolge dessen
machte ich mich auch fort von dort, u. konte [sp.] zuletzt noch
zufrieden sein meine Bezahlung erhalten zu können. Mit diesem
will ich die Hopfengeschichte schließen; ich denke, viele
werden die Hopfwurzeln ausgeflügen u. sich fortan besser
am Weizensäen amüsiren.
Die Weizenernte nahm hier dieses Jahr ihrer Anfang um mitte Juli.
Wegen der außergewönlichen Hitze wird die Frucht manchmal
zu schnell reif, ehe sie vollkommen ausgewachsen ist, jedoch ist
Quandität u. Quallität von Weizen dieses Jahr gut, u.
die Preise niedriger als das letzte. Seit anfang August bis jetzt
hatten wir meistens kühle Witterung.
Von meinem Wertzeug, so viel ich zu erlauben habe, gebt dem Cousin soviel er braucht; über das übrige so wie über Bretter, könnt ihr nach gutfinden verfügen.
Ich werde euch in kurzer Zeit wieder schreiben, für dieses mal will ich schließen u. wunsche daß euch diese paar [sp.] Zeilen, bei solcher Gesundheit antreffen, wie sie mich verlassen.
Vor allem laßt uns arme Erden Pilger, den Zweck unsers Hierseins um ewig selig zu werden, recht ernstlich bedenken [?] Gemüthesführen. Wir wissen doch, daß ohne Kampf, kein Krohne erfolgt, u. daß das Aufschieben der Buße u. Bekehrung auf's Todtenbette, sehr gefährlich ist. Des wegen klopft unser lieber Heiland täglich an unsere Herzen, u. ruft uns mit seiner sanften Hirtenstimme zu, uns ihm doch ganz u. ungetheilt nach Seele u. Leib hinzugeben. Er will uns unsere Wiederwärdigkeiten helfen tragen. Er sagt ja selbst, mein Joch ist sanft, u. meine Last ist leicht. Dieses ermuthigt mich öfters in Noth u. Bedrangniß. Helfe uns der liebe Gott ausfahren bis ans Ende, um seiner ewigen Liebe willen. Amen.
Vom Bruder Joh. Jacob bekam ich vor 3 Wochen eine Brief, er
befindet sich zimlich wohl. Ich wünsche bald wieder etwas
von euch zu hören u. möchte euch bitten mir eure Portographie
zu schicken. Viele Grüße
G. Fraut. Mazo-manie
Wisconsin
Grüsset mir verwante u. bekante